ARCH+ 208. Tokio

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ARCH+ 208. Tokio

Die Stadt bewohnen

Uitgever:ARCH+

  • Paperback
  • Duits
  • 176 pagina's
  • 1 sep. 2012

Das Heft entwirft anhand neuerer Konzepte und Projekte aus Tokio die Perspektive eines "heuristischen Funktionalismus", demzufolge Architektur und Stadt nicht für eine festgelegte Funktion geschaffen werden, sondern aufgrund ihrer physischen Ausprägung Nutzungen initiieren, aber nicht vorgeben. Dadurch lässt sich auch der absolute Komfortanspruch des Menschen relativieren, der uns im Hinblick auf unser Verhältnis zur städtischen und natürlichen Umwelt in eine technoide Sackgasse geführt hat. So weist das Heft über Tokio hinaus auf eine zukünftige Umwelt-Architektur, die vom Ende des "anthropischen Prinzips" kündet.

Die Ausgabe versammelt eine exemplarische Auswahl neuerer Konzepte und Wohnungsbauprojekte aus Tokio, die durch zwei Eigenheiten auffallen: zum einen die Radikalität der Wohnkonzepte, zum anderen ein sich veränderndes Verhältnis zur Stadt, das sowohl die Ebene der Wahrnehmung als des Gebrauchs betrifft.

So sieht eine jüngere Generation von Architekten wie Sou Fujimoto, Akihisa Hirata oder Junya Ishigami die Architektur als etwas absolut Autonomes an, das zunächst eine Umwelt schaffen soll, die der Mensch dann wie eine Höhle in Besitz nimmt und bewohnt. Das Credo des Funktionalismus "form follows function" wird von ihnen nicht mehr als lineare Kausalkette mit der Funktion als Wirkungsgrund gesehen, sondern als wechselseitige Beziehung, die es erlaubt, dass beide Seiten dieses Verhältnisses zum Tragen kommen.

In dieser Perspektive, die man als "heuristischer Funktionalismus" bezeichnen könnte, wird die Architektur nicht mehr für eine bestimmte Funktion entworfen, sondern soll aufgrund ihrer physischen Ausprägung eine bestimmte Art von Nutzung initiieren, aber nicht vorgeben. Ein interessanter Nebenaspekt, der sich dabei ergibt, ist die Tatsache, dass sich dadurch der absolut gesetzte Anspruch des Menschen auf Komfort relativieren lässt, der uns im Hinblick auf unser Verhältnis zur städtischen und natürlichen Umwelt in eine Sackgasse geführt hat. So weist das Heft über Tokio hinaus auf eine zukünftige Umwelt-Architektur, die vom Ende des "anthropischen Prinzips" (Wolfgang Welsch) kündet.

Welche Schlüsse lassen sich darüber hinaus aus den vorgestellten japanischen Wohnbauten für europäische Architekten ziehen? Können wir nur mit Staunen die Radikalität der Projekte gourmethaft genießen und ansonsten achselzuckend darauf verweisen, dass bei uns ja ganz andere bautechnische Standards und klimatische Bedingungen herrschten? Dass es bei uns keine Bauherren gäbe, die solche Experimente eingehen würden? Die es in Kauf nähmen, die sichere Komfortzone zu verlassen, um ein anderes Leben zu führen? Sicherlich sind diese Einwände nicht ganz von der Hand zu weisen, aber sie dienen meist auch dazu, wieder ungestört zur Tagesordnung übergehen zu können. Das vorliegende Heft verfolgt daher das Ziel, das kreative Potenzial herauszuarbeiten, das in den vorgestellten Lösungen steckt und zum Weiterdenken anzuregen. Denn die Freiheit, die all diese Projekte auszeichnet, entsteht erst durch das Infragestellen vermeintlich eherner Gesetze und Gewohnheiten und in der Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen und Vorgefundenen.

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